Weniger Essen, mehr Energie – Fasten ist eine natürliche Therapie, die Körper und Seele Kraft gibt
Die Chefärztin der BUCHINGER Klinik Bad Pyrmont, Dr. Verena Buchinger-Kähler, spricht im Interview in der PETRA über die Vorteile des Heilfastens. Warum tut es unserem Körper so gut, auf Nahrung zu verzichten?
Hier ein kleiner Einblick:
Unser Körper ist noch auf die Steinzeit programmiert. Der Steinzeitmensch ging auf die Jagd, aß sich satt und hungerte danach immer wieder ein paar Tage. Damit kommt der Körper auch heute wunderbar klar. Womit er nicht gut zurechtkommt, ist die ständige Nahrungszufuhr. Die Folgen sind immer häufiger werdende Zivilisationskrankheiten wie Adipositas oder Typ-2-Diabetes. Viele Menschen entdecken deshalb, dass es Sinn macht, den Urzustand zu imitieren und zeitweise auf Nahrung zu verzichten. Was das bringt, weiß D. Verena Buchinger-Kähler, Fastenärztin in Bad Pyrmont und Urenkelin des bekannten deutschen Fasten-Pioniers Dr. Otto Buchinger.
Warum ist Fasten so gut für uns?
Dr. Verena Buchinger-Kähler:
Weil es nicht nur zu Gewichtsverlust führt, sondern auch eine mentale, psychologische Komponente hat. Anders als Hungern ist es ein freiwilliger, zeitlich begrenzter Verzicht. Und eine wunderbare Therapiemethode. Fasten hilft gegen Beschwerden wie Bluthochdruck, Übergewicht, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen, rheumatische Gelenk- oder Autoimmunerkrankungen, aber auch bei seelischen Erkrankungen wie Depressionen. Nahezu jedes Organ und das Nervensystem sind betroffen und profitieren.
Wie genau wirkt Fasten?
Es kurbelt die Autophagie an, die körpereigene Müllabfuhr. Wir versuchen dann zu verarbeiten, was an Zellschrott angefallen ist. Ein toller Mechanismus und einer der wichtigsten, um Tumorentstehung vorzubeugen und um Viren und Bakterien abzuwehren. Sie ist möglicherweise auch der Grund, dass man bei neurogenerativen Erkrankungen wie Parkinson eine Verbesserung durch das Fasten sieht.
Stress ist ja sonst meist negativ assoziiert. Warum ist er beim Fasten gut?
Milder Stress trainiert die Anpassungsfähigkeit des Körpers. Wir leben ja inzwischen in einer „Warmduschergesellschaft“: Wir duschen nur mit warmen Wasser, haben immer gleichbleibende Zimmertemperaturen. Es geht darum, milde Reize zu setzen, die die Gegenregulationsfähigkeit des Körpers trainieren. Wenn wir mit der milden Phase des Stresses durch sind, wird außerdem der Parasympathikus aktiviert, unser Ruhegeber.
Und der sorgt für Entspannung?
Ja, und für starke Abwehr. Denn mit dem Parasympathikus wird auch die Darm-Hirn-Achse angesprochen. In und um den Darm sitzt der Großteil unseres Immunsystems, was den immunmodulatorischen Effekt des Fastens erklärt. Das ist der Einfluss auf Allergien, Autoimmunerkrankungen und Infektanfälligkeit. Fasten stärkt also unser Immunsystem. Man sieht, dass es zum Absinken von Entzündungsfaktoren, den Zytoniken kommt. Und dass oxidativer Stress, durch den Zellen beschädigt werden, heruntergefahren wird.